Anzeige

Soforthilfe

  • Was während der Pandemie als schnelle und unbürokratische Hilfe für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) angekündigt wurde, entwickelt sich nun für viele Betroffene zum finanziellen Albtraum. Die Investitionsbank (IB) Sachsen-Anhalt fordert aktuell zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer zur Rückzahlung der Corona-Soforthilfen auf – und das auf Basis einer Berechnungsgrundlage, die zunehmend für Empörung sorgt.

     

    Fiktive Berechnungen statt realer Ausfälle

    Die Kritik entzündet sich insbesondere an der Methode, mit der die IB die tatsächliche Bedürftigkeit der Empfänger rückblickend prüft. Anstatt die konkrete Dauer der pandemiebedingten Geschäftsschließungen zur Grundlage zu machen, setzt die Bank pauschal einen festen Zeitraum nach der Antragstellung an – unabhängig davon, wann und wie lange ein Betrieb tatsächlich schließen musste.

    „Wir mussten unser Geschäft im März 2020 komplett schließen. Die Kunden durften wochenlang nicht ins Ladenlokal. Doch die IB rechnet einfach drei Monate ab Antragstellung – also auch Zeiten, in denen das Geschäft bereits wieder offen war und die Menschen wieder konsumiert haben“, berichtet eine Einzelhändlerin aus Halle. „Das verfälscht natürlich massiv die tatsächliche Notlage.“

     

    Einnahmen nach Wiedereröffnung führen zu Rückforderungen

    In der Praxis bedeutet das: Umsätze, die viele Geschäftsinhaber nach der Wiedereröffnung erzielt haben – etwa durch aufgeschobene Käufe und erhöhtes Konsumverhalten der Kunden – werden in die Berechnung einbezogen, obwohl sie außerhalb der eigentlichen Schließzeit liegen. Dadurch entstehen rechnerisch geringere Liquiditätsengpässe – und im Ergebnis Rückzahlungsforderungen, die für viele Unternehmen existenzgefährdend sind.

     

    Lebenshaltungskosten außen vor gelassen

    Ein weiterer zentraler Kritikpunkt: Die Soforthilfe war ausschließlich zur Deckung der betrieblichen Kosten gedacht – nicht jedoch für die persönliche Existenzsicherung der Unternehmerinnen und Unternehmer. Private Ausgaben wie Miete, Krankenversicherung, Lebensmittel oder sonstige laufende Verpflichtungen wurden bei der Mittelverwendung bewusst ausgeschlossen.

    „Wer als Soloselbstständiger keine Einnahmen hatte, musste trotzdem irgendwie seine Miete zahlen. Aber das spielte bei der IB offenbar keine Rolle“, so ein Betroffener aus dem Harz. Selbst andere Einnahmen – zum Beispiel aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung – wurden in die Berechnung mit einbezogen.

    Diese Sichtweise wird auch von Experten bestätigt: In den Förderbedingungen des Bundes und der Länder war klar geregelt, dass Lebenshaltungskosten nicht förderfähig sind – eine Regelung, die in der Praxis jedoch viele Einzelunternehmer in eine doppelte Notlage stürzte.

     

    Vertrauensverlust in die Politik wächst

    Das Gefühl der Ungerechtigkeit sitzt tief. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer fühlen sich im Stich gelassen – erst durch die mangelhafte Ausgestaltung der Hilfen, nun durch die nachträgliche Rückforderung.

    „Wir haben damals vertraut, als es hieß: schnelle Hilfe ohne Bürokratie. Jetzt stehen wir da und sollen Jahre später alles zurückzahlen – obwohl wir damals in echter Not waren“, sagt ein Cafébesitzer aus Halle.

    Der Vertrauensverlust gegenüber Regierung und Verwaltung wächst. Gerade in einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ohnehin schwierig sind, wirken solche Rückforderungen wie ein Schlag ins Gesicht der lokalen Wirtschaft. Für viele KMU, die ohnehin mit Inflation, Fachkräftemangel und Konsumzurückhaltung zu kämpfen haben, könnte dies der letzte Stoß in Richtung Geschäftsaufgabe sein.

     

    Forderung nach Einzelfallprüfung und Gerechtigkeit

    Wirtschaftsverbände und betroffene Unternehmer fordern nun politische Korrekturen. Rückforderungen sollten nicht pauschal, sondern anhand realistischer und individueller Situationen geprüft werden. Auch eine Einbeziehung der persönlichen Belastung während der Schließzeit sei überfällig.

    „Was wir brauchen, ist ein fairer Umgang mit den Menschen, die damals Verantwortung übernommen und ihre Betriebe erhalten haben“, so eine Sprecherin eines regionalen Unternehmerverbands. „Wer nach fünf Jahren mit der Keule kommt, beschädigt dauerhaft das Vertrauen in staatliche Hilfe.“

     

    Fazit:

    Die Rückforderungen der Corona-Soforthilfen werfen ein Schlaglicht auf tieferliegende Probleme im Umgang mit der Wirtschaftshilfe während der Pandemie. Eine pauschale Rückforderungspolitik ohne Berücksichtigung realer Härten könnte langfristig mehr Schaden anrichten, als sie an finanziellen Mitteln einbringt.

     

    HP-SL

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.