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Emil Nolde. Farben heiß und heilig - Ausstellung in der Moritzburg Halle

Privatbesitz, courtesy Galerie Neher, Essen  © Nolde Stiftung Seebüll Privatbesitz, courtesy Galerie Neher, Essen © Nolde Stiftung Seebüll Jens U. Nober/ Folkwang Museum

Ausstellung vom 21.4.2013 bis 28.07.2013

Eröffnung: 20.04.2013, 17 Uhr

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bernd Neumann MdB, Staatsminister für Kultur und Medien

Mit dem Ankauf von sieben Werken Emil Noldes, darunter das umstrittene religiöse Gemälde Abendmahl, begann vor 100 Jahren, im März 1913, der Aufbruch des halleschen Kunstmuseums in die Moderne. Die radikale Bildsprache dieses großen Einzelgängers unter den Expressionisten provozierte damals die Kunstwelt und führte in Halle zu einem Skandal, der eine Debatte über die Berechtigung zeitgenössischer Kunst im Museum auslöste. Für Nolde war es die Zeit, in der er die Farbe als sein genuines Ausdrucksmittel entdeckte und seine Bildthemen fand. Die Stiftung Moritzburg nimmt das Jubiläum zum Anlass, Emil Nolde eine Ausstellung zu widmen und sein Schaffen an jenem entscheidenden Punkt seiner künstlerischen Neubestimmung mit Werken aus drei seiner Motivkreise vorzustellen. Dafür holt sie fünf Gemälde, die einst zum Bestand des Museums gehörten, noch einmal auf Zeit nach Halle zurück.

In der Ausstellung sind insgesamt 75 Gemälde und Grafiken aus der Zeit von1908 bis 1922 zu sehen. Berücksichtigung finden als Themenkreise die frühen Gartenbilder, in denen sich Nolde erstmals mit der Ausdruckskraft der Farbe und ihren emotionalen Qualitäten auseinandersetzt, die ersten religiösen Bilder, mit denen seine Visionen und Phantasien neue Gestalt annehmen, sowie die darauf folgenden Darstellungen biblischer Legenden, in denen die suggestive Kraft der Farbe eine weitere Steigerung findet, die exotischen Stilleben, die sein Interesse an der Kunst der Urvölker aufzeigen, und schließlich die Südseebilder, durch die seine Farbpalette eine letzte Entfesselung erfuhr. Die Leihgaben stammen aus deutschen Museen und Privatbesitz, aber auch aus Dänemark, Österreich und den USA. Die Ausstellung wurde in engem Zusammenwirken mit der Nolde Stiftung Seebüll erarbeitet, die sie als Hauptleihgeber unterstützt.

Fünf der ausgestellten Werke gehörten einst zur Sammlung des Museums in der Moritzburg, weitere befanden sich in der privaten Sammlung von Max Sauerlandt. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Gemälde Abendmahl, das, wie auch alle anderen Werke Noldes aus dem ehemaligen Bestand, 1937 in der „Aktion Entartete Kunst“ beschlagnahmt und auf der gleichnamigen Münchener Femeausstellung vorgeführt wurde. Es konnte 1939 von Noldes Schwager aus dem Sammellager der „Entarteten Kunst“ für 1000 $ ausgelöst und im Heuwagen über die Grenze nach Dänemark gebracht werden. 1956 schenkte Nolde es dem Statens Museum for Kunst in Kopenhagen. Nur zweimal war es seitdem in einer deutschen Ausstellung zu sehen. Das Gemälde Blumengarten mit Figuren befand sich seit 1937 in unbekannten privaten Sammlungen, sein Verbleib konnte für die Ausstellung ausfindig gemacht werden. Auch andere Werke haben ein ähnlich aufregendes Schicksal.

In der Ausstellung und den sie begleitenden Katalog werden vielfache Beziehungen zwischen dem Museum, seinem Direktor Max Sauerlandt und dem Künstler Emil Nolde aufgezeigt, die bisher noch nicht bekannt waren. Dazu gehört als verlorener Bestand auch die „Hellwigsche Südseesammlung“, eine ethnografische Sammlung von Objekten aus Deutsch-Neuguinea, die 1953 an das Völkerkundemuseum abgegeben wurde. Ergänzt werden die Exponate durch Dokumente, darunter Fotografien, Briefe, Publikationen und das Besucherbuch der so genannten „Schreckenskammer“ für „Entartete Kunst“, die 1935 unter den Nationalsozialisten in der Moritzburg eingerichtet wurde.

Emil Nolde erarbeitete sich ab 1906 eine radikale Bildsprache, um seine von Phantasie und Visionen getragenen Bildvorstellungen thematisch, formal und malerisch umzusetzen. Bis 1915 etwa reicht diese formative Phase, in der er seinen neuen, eigenständigen Stil findet. Die Farbe mit ihrem suggestiven Potenzial und ihrer emotionalen Kraft spielte dabei eine entscheidende Rolle. In seinen ersten religiösen Bildern, die ihn zum freien Figurenbild führen, überwindet er die noch impressionistisch geprägte Form seiner Gartenbilder. Er selbst sagte dazu: „Der Maler hatte sich gefunden, die Farben waren seine Sprache geworden.“

Noldes frühe Werke, insbesondere seine religiösen Bilder, stießen anfangs auf Unverständnis und Ablehnung. Von der Secession wurde sein Gemälde „Pfingsten“ 1910 zurückgewiesen, ein Streit mit Max Liebermann spaltete die Lager. Die Maler der „Brücke“ allerdings bewunderten Noldes „Farbenstürme“, und Freunde unterstützten ihn. Zu ihnen gehört ab 1913 Max Sauerlandt, der junge Direktor des städtischen Museums für Kunst und Kunstgewerbe in Halle – er wurde zum Vorkämpfer für Noldes Kunst und begleitete ihn als Kurator, Sammler, Biograf und Freund.

Im Februar 1913 arrangierte Sauerlandt im Hallischen Kunstverein, der ihm als experimentelles Forum für zeitgenössische Positionen diente, eine Ausstellung von Werken Emil Noldes. Aus ihr erwarb er für sein Museum die Gemälde Blumengarten mit Figuren (1908) und Abendmahl (1909) sowie drei Tuschpinselzeichnungen und zwei Tintenmalereien. Ein Ankauf, der Dank der Rückendeckung von Oberbürgermeister Richard Robert Rive durchgesetzt werden konnte. Darüber hinaus vermittelte Sauerlandt, der selbst ein passionierter Kunstsammler war, an zahlreiche private Käufer. Universitätsprofessoren, Juristen, Mediziner, Architekten, Fabrikanten, sogar kunstinteressierte Studenten kauften in Halle Grafiken und Gemälde von Emil Nolde. Sauerlandts engagiertester Mitstreiter, und zugleich einer der wenigen wirklichen Sammler in Halle, war Felix Weise, Inhaber einer Pumpenfabrik und Vorsitzender des Kunstvereins; er kaufte das Gemälde Feriengäste (1911), das wenig später in Sauerlandts Besitz überging. Nolde verschaffte diese Kaufeuphorie den Durchbruch, erstmals hatte ein öffentliches Museum seine Kunst erworben.

Ein Jahr später führte der Ankauf zum Eklat: Wilhelm von Bode, Generaldirektor der Berliner Museen, sah sich durch ihn zu einem grundsätzlichen Angriff gegen die zeitgenössische Kunst veranlasst. Sauerlandt reagierte darauf mit einem offenen Brief, in dem er das Recht der jungen Generation, für ihre Kunst zu streiten, einforderte. Damit brach er der Zeitgenossenschaft im Museum eine Lanze. Für kurze Zeit stand Halle im Mittelpunkt eines Kunstdiskurses, der nach 1918 die Museumslandschaft veränderte.

Seinen Traum, ein Nolde-Kabinett einzurichten, konnte Sauerlandt aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs nicht mehr realisieren. 1919 ging er nach Hamburg, um die Leitung des Museums für Kunst und Gewerbe zu übernehmen. Aus der Ferne vermittelte er 1924 den Ankauf der Frankfurter Expressionisten-Sammlung von Rosy Fischer. Mit ihr kamen weitere drei Gemälde Noldes in die Moritzburg: Mulattin (1913), Lichte See (1915) und Frau zwischen Blumen (1918). Ein Jahr später folgte das Gemälde Akte und Eunuch (1912). Sauerlandts Nachfolger Alois Schardt holte bis 1933 noch zwei Werke Noldes als Leihgabe des Künstlers ins Haus. Damit besaß das hallesche Kunstmuseum acht Gemälde und weitere acht grafische Arbeiten von Emil Nolde; nur wenige andere deutsche Museen konnten einen solchen Bestand ihr Eigen nennen.

Konzept und Realisierung der Ausstellung:

Dr. Katja Schneider in Zusammenarbeit mit Wolfgang Büche

Katalog:

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von Katja Schneider sowie Meike Hoffmann, Andreas Hüneke, Susanna Köller, Isgard Kracht, Mario-Andreas von Lüttichau, Albrecht Pohlmann, Manfred Reuther, Christian Ring, Rainer Stamm und Indina Woesthoff. Herausgeber: Vorstand der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt im Auftrag der Stiftung Moritzburg – Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt

224 Seiten, 153 Abb. zum Preis von 19.80 €

Durch die Ausstellung führt ein Audioguide, erarbeitet von Sichtwechsel – Agentur für Kunst und Kulturgeschichte, Halle

Eröffnung: Samstag, 20. April 2013, 17 Uhr

Mit Grußworten des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, des Oberbürgermeisters Dr. Bernd Wiegand, des kommissarischen Direktors der Nolde Stiftung Seebüll, Dr. Christian Ring, und der Uraufführung einer Komposition nach Emil Noldes Gemälde „Abendmahl“ von Axel Gebhardt.

 

Öffnungszeiten des Museums:

Dienstag 10 bis 19 Uhr

Mittwoch bis Sonntag und an Feiertagen 10 bis 18 Uhr.

 

BU: Emil Nolde - Blumengarten mit Figuren, 1908 - Öl auf Leinwand

 

Privatbesitz, courtesy Galerie Neher, Essen

© Nolde Stiftung Seebüll

Foto: Jens U. Nober/ Folkwang Museum

 

Quelle:   Stiftung Moritzburg. Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt

 

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