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Streichliste bekanntgegeben | hastuzeit

Mrz 2014hastuUNINr. 53

Die »Hochschulstrukturplanung des Landes Sachsen-Anhalt, Fassung 27/03/2014« (PDF-Link) ist 36 Seiten stark und enthält konkrete Einsparmaßnahmen an einzelnen Hochschulen bis 2025.

»Derzeit geht das Land davon aus«, dass die Martin-Luther-Universität die Medien- und Kommunikationswissenschaften, Geowissenschaften, Sportwissenschaften, Psychologie (teilweise), Informatik (teilweise) und das Studienkolleg (Vorbereitungskurse für internationale Studierende) schließen soll. Kürzungen in nicht genau bestimmten Umfang sind an sogenannten Kleinen Fächern (darunter fallen beispielsweise Sprechwissenschaften, Indologie und Medizinische Physik) und der Lehramtsausbildung vorgesehen, indem die Martin-Luther-Universität mit den Universitäten in Jena und Leipzig kooperiert. Zudem ist im Papier ohne nähere Erläuterung von einer stärkeren Profilierung in den Natur- (Material- und Bio-) wissenschaften und in der Hochschulmedizin die Rede.

Von den Streichungen an der Uni Halle verspricht sich das Land 9,3 Millionen Euro des jährlichen Budgets einzusparen, womit das stukturelle Defizit der MLU und weitere Kürzungen um 2,55 Millionen Euro gedeckt werden. An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg will das Land 9,78 Millionen Euro streichen, hauptsächlich durch die Schließung der Fakultät für Humanwissenschaften, wobei einzelne Fächer erhalten bleiben sollen. Die Zahlen entsprechen einem Kompromiss zwischen Land und Hochschulrektoren, dem sogenannten »Bernburger Frieden« vom November 2013. Ursprünglich wollte die schwarz-rote Landesregierung noch stärker kürzen, stieß aber auf massiven Protest von Demonstranten, gesellschaftlichen Akteuren, Städten und auch aus den eigenen Landtagsfraktionen.

Für die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle hat das Land keine konkreten Vorschläge, erwartet aber einen »Einsparbeitrag« von einer halben Million Euro. Die Hochschule Merseburg soll das Grundstudium der Ingenieurwissenschaften vereinheitlichen und »die drei fachlichen Säulen Ingenieur- und Naturwissenschaften, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Kultur- und Medienwissenschaften stärker verzahnen«. Hier will das Land 550 000 Euro der jährlichen Mittelzuweisung streichen.

Künftig soll es nur noch ein Landesstudienkolleg an einem Standort geben. Internationale Studienbewerberinnen und -bewerber ohne Hochschulzugangsberechtigung werden ihre ein- bis zweisemestrigen Vorbereitungskurse dann generell in Köthen absolvieren.Unklar ist, wie die Autoren des Papiers auf fünf zu streichende Professuren in den hallischen Medien- und Kommunikationswissenschaften kommen. Das Department hat drei Lehrstühle (inklusive einer Vertretungsprofessur) sowie eine »assoziierte Professur«, die noch aus der Abwicklung der Übersetzungswissenschaften übrig ist. Nach Vorstellung des Ministeriums sollen Studienangebote und Forschungsschwerpunkte im Bereich der Medien und Kommunikation künftig durch Vernetzung der Uni Magdeburg mit der Burg Giebichenstein und den Fachhochschulen (also allen Landeshochschulen außer der MLU) entstehen.

Auf der Pressekonferenz erklärte Minister Möllring, dass dieses Papier als Diskussionsgrundlage mit den Hochschulen dienen solle. Es gehe »nicht hauptsächlich um Einsparungen, sondern um die Profilierung unserer Hochschulen.« Später indes erläuterte er seine Auffassung wie folgt: »Sparen ist ein Vorgang, den Sie machen, wenn Sie Geld haben und es nicht ausgeben. Und wir versuchen jetzt nur Geld auszugeben, das wir auch haben.«

Die Landtagsfraktionen der Grünen und Linken kritisierten das Konzept umgehend. Laut Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert würde damit jeder zehnte Studienplatz wegfallen. Möllring erwartet hingegen eine gleichbleibende Zahl an Studienplätzen. Allein für Halle sieht der Stura der MLU »mehr als 1000 Studienplätze in ihrer Existenz bedroht«. Dies widerspreche einem Beschluss des Landtages, die Studierendenzahlen nicht aktiv abzusenken. Für die Schließung der genannten Fächer gebe es keine inhaltlichen Gründe, zudem habe die versprochene Profildebatte immer noch nicht stattgefunden. Der Stura der Uni Magdeburg verglich die Kürzungspläne mit einer »Kriegserklärung« und forderte: »Wir müssen uns gemeinsam gegen diesen Wahnsinn wehren!«In einer Presseerklärung hoben die Professoren des Instituts für Informatik ihre Vernetzung in der Universität und die Bedeutung des Fachs für die regionale Wirtschaft hervor. Zwar will das Land den Schwerpunkt Bioinformatik erhalten, doch bestreiten die Professoren, dass dies mit den vorgeschlagenen Kürzungen möglich sei. Im Übrigen erinnerten sie daran, dass Ministerpräsident Haseloff im Juni 2013 bei der Eröffnung des IBM-Service-Centers in Magdeburg zugesichert habe, die IT an den Hochschulen nicht zu kürzen, sondern eher zu stärken.

Das »Aktionsbündnis MLU«, ein Zusammenschluss von Studierendenschaft, Personalrat, Gewerkschaften und politischen Hochschulgruppen, forderte die Rektoren der Landeshochschulen auf, den Vorschlägen von Minister Möllring nicht zu folgen. »Die zwischen dem Land und den Rektoren vereinbarten Kürzungen führen zwangsläufig zu einem Abbau von Studienplätzen. Das hat nun sogar der hallesche Uni-Rektor Prof. Sträter in einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung bestätigt«, erklärte Clemens Wagner, studentischer Bündnissprecher, in einer Pressemitteilung. Renate Federle, Vorsitzende des Personalrats der Martin-Luther-Universität, prophezeite starke Folgeschäden für Ausbildung, Forschung und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. »Die Rektoren haben nicht die Aufgabe, den Landeshaushalt zu sanieren, sondern für gute Bildung und Forschung zu sorgen.«Auch die geplante Konzentration des Studienkollegs am Standort Köthen wird kritisiert. Studierendenrat und Aktionsbündnis erinnerten daran, dass das Land die Hochschulen internationalisieren wolle. Die Schließung des Standorts in Halle sei das falsche Signal.

Nach Redaktionsschluss richtete das Aktionsbündnis eine sogenannte Vernetzungskonferenz aus. Studierende aus vielen Städten, von Greifswald bis Regensburg und von Saarbrücken bis Berlin, trafen sich zu Erfahrungsaustausch über hochschulpolitische Probleme in ihren jeweiligen Bundesländern. Denn nicht nur in Sachsen-Anhalt stehen Kürzungen auf der landespolitischen Agenda.

Für Ende April oder Anfang Mai plant das Aktionsbündnis mit seinen Partnern aus der Kultur wieder eine Demonstration. Vor einem Jahr versammelten sich über 7000 Menschen auf dem hallischen Marktplatz, um gegen die Kürzungspolitik des Landes im Bildungs- und Kulturbereich zu protestieren.

Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU), damals noch frisch im Amt, sprach vor 7000 Demonstrationsteilnehmern am 30. April auf dem Marktplatz in Halle.Foto: Konrad Dieterich

Meldung der Mitteldeutschen Zeitung (DPA)Meldung des Mitteldeutschen RundfunksMeldung von HalleSpektrumDie Pressekonferenz zum Nachhören (MDR)

Über Konrad Dieterich

Authors: Blogs@MLU - Das Leben an der Uni

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